Christianisierung heidnischer Kultplätze
 

In allen Teilen Europas, in den es Megalith-Fundplätze gibt, wurden Menhire nach der Ausbreitung des Christentums, nach der Taufe der heidnischen Völker in christliche Bauwerke integriert, oder christliche Kapellen wurden von den Missionaren an vermeintlichen heidnischen Kultplätzen errichtet.

Doch prägten christliche Bauwerke nicht nur das Erscheinungsbild der "heidnischen" Bauten; es gab auch die umgekehrte Wirkung, wie in der Bibel beschrieben ist:

Im Buch Joshua im Alten Testament ist nachzulesen, dass Joshua die Stadt Jericho ungefähr um 2000 v. C. zerstörte. Vor dem Eingang des Tempels für den heidnischen Gott Baal fand Joshua zwei große aufgerichtete Megalithen. Joshua war so stark beeindruckt und inspiriert durch diese Steine, dass er anordnete, genau solche Steine vor den Türen der jüdischen Tempel zu errichten. Dieser Brauch wurde lange gepflegt. Gehalten hat sich die Idee in der Errichtung von Kirchtürmen bei späteren christlichen Kirchen.

Der alte Turm dieser englischen Kirche in Winchester
erinnert stark an einen Obelisken. Der neue Turm wurde
einfach davor aufgebaut, ohne den alten Turm abzureißen.

Auf dieser Seite finden Sie drei Beispiele der Christianisierung von Megalith-Bauwerken.

 

Der Menhir von Langenstein bei Marburg (Hessen)

 

Der Menhir von Langenstein (Ort in Hessen, Nähe Marburg)

 

Der aus Buntsandstein bestehende, über 5 m hohe und 2,1 m breite Menhir mit einem angenommenen Gewicht von 10 t ist einer der größten stehenden Steine Deutschlands. Er befindet sich auf der Ostseite des Langensteiner Kirchhofes und wurde in die Kirchhofmauer integriert, bzw. die Mauer lehnt sich an ihn an. Der Stein ist jedoch so eingebaut, dass er immer noch außerhalb des eigentlichen Kirchenbezirkes steht.

Die Stelle für die Errichtung der Kirche war sicherlich nicht zufällig gewählt, vielmehr ist der Bezug christlicher Kapellen zu Menhiren oft zu beobachten. Die erste Kapelle in Langenstein soll in 721 n. C. durch Bonifatius erbaut worden sein. Die heutige Kirche wurde im 13. Jh. über einem Vorgängerbau aus dem 11. Jh. errichtet, wobei ein noch älterer Vorgängerbau nicht auszuschließen ist.

Vielfach wurden Menhire in Kirchenmauern, Kirchhofmauern oder Kirchentürpfeiler verbaut. Mehr Infos gibt es auf der Seite:

Vor- und Frühgeschichte in Marburgs Umgebung

 

Der Rudston-Monolith in Ost-Yorkshire, Großbritannien

 

Inmitten des Friedhofes zwischen den Grabsteinen: der Rudston-Monolith

Ein weiteres Bild des Menhirs (Fotos: B. Licht, Juli 2002)

 

Der Rudston-Monolith ist der größte Menhir Großbritanniens. Über der Erde ist er etwa 6 m hoch; man nimmt an, dass er noch etwa 4,5 m tief in der Erde steckt. Das Gewicht wird auf 40 Tonnen geschätzt.

Der Name lautete früher "Roodstan". "Rood" ist ein altertümlicher Name für ein Kruzifix, "stan" ein altes Wort für Stein. Der Name erklärt sich daher, dass der Stein wahrscheinlich  von den angelsächsischen Missionaren ein Kreuz  verpasst bekommen hatte, das heute verschwunden ist.

Er muss etwa 20 km weit transportiert worden sein (die Steinart kommt in der Entfernung vor), was bei dieser Größe natürlich wieder die Frage des "Wie?" aufwirft. Wie bei den Stonehenge-bluestones wird angenommen, dass der Stein eine längere Strecke auf einem Floß über Wasser (River Derwent, River Rye) transportiert wurde. Für den Landtransport nimmt man an, dass die Baumstamm-Rollen-Methode angewendet wurde, ähnlich wie bei den Sarsensteinen von Stonehenge, die etwa 40 km über Land transportiert wurden.

Grundsätzlich errichteten die ersten Evangelisten, die das Christentum nach England brachten, ihre Kirchen auf heidnischen Kultplätzen oder solchen Plätzen, die sie für heidnische Kultplätze hielten. Interessant ist die Frage, warum z.B. Stonehenge und einige andere Steinkreise von diesem Usus ausgenommen wurden. Meist waren es einzeln stehende Steine, die christlichen Bauwerken einverleibt wurden.

Der Bereich um Rudston war zur Zeit der ersten Christen in England ein von Kelten bewohntes Gebiet. 200 Begräbnisstätten wurden vom Britischen Museum untersucht, über 1000 Gräber aus verschiedenen Epochen wurden in der Umgebung von Rudston durch Luft-Aufnahmen nachgewiesen.

Im Jahr 615 n. C. besuchte der keltische Stamm von Rudston unter seinem Führer Edwin einen anderen Keltenstamm, der einige Jahre zuvor vom Hl. Augustin bekehrt worden war, in der Absicht, um die Hand der Tochter des Anführers mit Namen Ethelburga anzuhalten.

Der Rudston-Stamm war erstaunt zu hören, dass Ethelburga nur Edwins Frau werden würde, wenn Edwin und sein gesamter Stamm sich zum Christentum bekehren würde.

Die Kelten betrachteten die christliche Lehre nicht unbedingt als negativ. Die Verhandlungen, die im Rudston-Stamm nach der Forderung von Ethelburga geführt wurden, zeichnete der Mönch Bede von der Abtei Jarrow-on-Tyne, der von Edwin darüber informiert wurde, auf.

Die Kelten sahen im christlichen Glauben durchaus eine Weiterentwicklung ihrer eigenen Glaubensvorstellungen. Besonders ansprechend war für die Kelten der Glauben an ein Weiterleben nach dem Tod.

Nachdem auch der Druide des Keltenstammes einer Taufe zustimmte, ließen sich über 600 Kelten im River Derwent taufen. Bereits die Kelten hatten einen Kultplatz in der Nähe des Rudston-Monoliths errichtet. Dieser wurde nach der Christianisierung abgerissen. An seine Stelle wurde der Vorläufer der heutigen Kirche gebaut, die erst um das Jahr 1100 an den Platz kam.

 

Christianisierte Menhire in der Bretagne

 

Foto: B. Licht

Man findet in der Bretagne Menhire, die zu christlichen Heiligen umgeformt wurden, wie im Bild oben zu sehen ist. Manche Spitzen der Menhire wurden einfach zu einem Kreuz-Symbol ausgehauen

Auf einem bretonischen Menhir wurde ein Kreuz installiert

Ein weiteres Beispiel

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